1988 - 1996

1988 - 1996

14. o. 23.12. 1988: Die Toten Hosen Music Circus Ruhr Oberhausen

16.05.1989: Die Toten Hosen Westfalenhalle Dortmund

16.06. o. 18.07. 1989 Simple Minds Westfalenhalle Dortmund

27.09.1990: Die Toten Hosen Westfalenhalle Dortmund

29.+ 30.06.1991 Bizarre-Festival Waldstadion Gießen

Vielleicht die geilste Veranstaltung, die ich Zeit meines Lebens besucht habe. Das liegt aber nicht nur an den musikalischen Darbietungen, sondern zuallererst an den zahlreichen - aus heutiger Sicht - witzigen Geschichten, die sich rund um das Event ranken. Der Versuch einer Chronologie...

Angesichts des schier unglaublichen Programms hatten wir uns also entschlossen nach Giessen zu fahren. Freitag mittags Abfahrt, Sonntag abends wieder nach haus. Wir – das waren vier Freunde die durch gemiensame Schulzeit, aber vor allem durch Musik verbunden waren.
 
Im Vorfeld hatte ich mir Zelt und Schlafsack in oliv geliehen, natürlich unter der Vorgabe diese in der Tat hochfunktionalen Dinge heil wieder mit nach Hause zu bringen. Ausserdem hatten wir einen grösseren Kunststoffbehälter dabei, der mit leckeren Sachen befüllt werden sollte, die Erstfüllung war schon getätigt, ich meine es wäre irgendein Rotwein gewesen. Wir fuhren mit meinem Kadett C Kombi. Wer dieses Auto kennt, weiss dass die Bezeichnung grenzwertig ist, so sehr viel Platz gab das Teilchen nicht her.
 
Nach und nach sammelte ich also am Freitag Mittag unsere Gruppe ein. Als ich dann die Wohnung des letzten abzuholenden Kollegen betrat bot sich mir ein für immer unauslöschliches Bild. Auf dem Küchentisch eine Flasche Warsteiner und eine Flasche Bärenfang, daneben ein Rucksack Marke Weltreise behangen mit einem halben Dutzend Töpfen und Dosen. Daneben der Kollege, der nicht grad den Eindruck machte, als käme er mit diesem Monsterteil heil die Treppe hinab. Irgendwie konnte ich ihn schliesslich zu einer Abspeckung überreden, das Teil hätte ohnehin nicht ins Auto gepasst.
 
Bei der Ankunft in Giessen wurden wir zum Ausladen in einen Wendekreis am Zeltplatz geleitet, den wir anschliessend zügig wieder verlassen sollten. Während ich also einen Platz fürs Auto suchte, beschlossen die anderen schon mal einen Zeltplatz zu suchen. Da man den oben schon vorgestellten Kollegen nicht mit tragenden Tätigkeiten belasten wollte, blieb er zwecks Beaufsichtigung des verbliebenen Gepäcks am Wendekreis zurück.  Ein fataler Fehler wie sich erst beim Aufbau der Zelte und Sortieren des Gepäcks erwies. Definitiv verschwunden waren nämlich mein geliehener Bundeswehrschlafsack und der Weinbehälter, ziemlich sicher bin ich aber auch dass noch mehr verschwunden war.
 
Trotzdem lebten wir uns langsam ein und tranken in Ruhe auf den folgenden Festivaltag hin. Mit der Ruhe war es dann spätestens vorbei als ein strauchelnder Volltrunkener sich in mein geliehenes Bundeswehrzelt fallen liess.
 
Morgens dann die bittere Erkenntnis: Auch das Zelt werde ich nicht wie abgeholt wieder zurückgeben können. Den absoluten Höhepunkt des WE liessen wir uns dann von einem Kollegen, der mit einer Dortmunder Gruppe angereist war, zum Frühstück erzählen.
 
Offensichtlich war die Laune in dieser Gruppe deutlich besser als bei uns, denn zumindest einer von denen hatte am Vorabend erhebliche Koordinationsprobleme. Bei der Ansteuerung eines dieser Dixieklos war ihm ja noch seine Lebensgefährtin behilflich. Das Vorhaben es auch wieder zu verlassen geriet dann aber zu einer fatal endenden Geduldsprobe. Offensichtlich nicht in der Lage die Tür zu enthebeln, verlor er schliesslich die Geduld und brachte das Behältnis mit einem Gewaltakt zum Kippen, zu allem Überfluss mit der Tür zum Boden. Glück im Unglück: Ein zufällig passierender US-Soldat eilt der jungen Frau bei dem dann erfolgreichen Versuch das Teil wieder aufzustellen zu Hilfe. Statt sich für seine Hilfestellung zu bedanken, sucht er jedoch die Konfrontation mit dem Amerikaner, in dem Irrglauben dieser hätte ihn bzw. seine Verrichtungsstätte zu Fall gebracht. Dass er in dem Moment nicht erkennt, dass sein Gegner deutlich besser aufgestellt ist, ist wie fast das komplette Geschehen dem Alkohol geschuldet. Dumm auch, dass die Duschräume am Zeltplatz über Nacht geschlossen wurden. Meiner Erinnerung nach hat er sich wohl in irgendeiner Gaststätte eine Dusche erbettelt.
 
Angesichts dieser unglaublichen Geschichte machten wir uns erheitert auf dem Weg ins Stadtzentrum, um den verlorenen Behälter zu ersetzen. Wir sahen nun auch was im Umfeld der Veranstaltung los war. Ein Netzfund hierzu gibt das Geschehen in der Stadt vortrefflich wieder:

"...Hinter der Ringallee: Ein Freibad und dann der Wieseckpark. Moment mal: Wieseckpark? Da war doch was. Natürlich: Das Bizarre-Festival 1991. Ich war nicht dabei, aber was habe ich gelacht, als ich damals davon hörte. Aus der Ferne las sich das so: Da kam eine etwas skurile Musikveranstaltung in das Waldstadion nach Gießen. Vorher hatte es auf der Loreley stattgefunden, gestartet war es 1987 in Berlin. Für die technokratischen Führer der Stadt war das alles fremd. So etwas hört doch niemand, plusterte sich der damalige SPD-Oberbürgermeister Mutz auf und ordnete an, dass Vorbereitungen unnötig seien. Es kam wie es kommen musste: 28.000 Karten wurden verkauft, die Massen aber strömten in eine verpennte Stadt. Zelte auf Verkehrsinseln, Lagerfeuer aus Gartenzäunen, mit rot-weißem Bauband abgetrennte Zonen zum Pinkeln und Kacken waren der Höhepunkt. Den Wieseckpark hatte es schwer erwischt - hier lag der Schwerpunkt der Improvisation. Kurzerhand beschlagnahmte die Polizei landwirtschaftliche Flächen und stellte sie den BesucherInnen zur Verfügung. Zwei Tage später war alles vorbei, und Gießen schwer lädiert. Ich schüttele mich noch heute vor Lachen angesichts dieser Provinzialität. Irgendwie symptomatisch!"

Nach einer gefühlten Ewigkeit fanden wir schliesslich einen neuen Kanister, der auch flugs befüllt wurde. Schade, dass die Kontrollen am Einlass uns mit dem Leckerchen gnadenlos zurückwiesen. Wir griffen auch nach der letzten Hoffnung, scherten aus der Schlange aus um das Gut in irgendwelchen Büschen zwecks späteren Verzehrs zu verstecken und stellten uns wieder in die nicht grad kurze Schlange am Einlass.
 
Mittlerweile hatten wir natürlich schon die ersten Bands verpasst, was angesichts der Fülle an viel versprechenden Gigs kaum ins Gewicht fiel. Ich erinnere mich besonders an die grandiose Stimmung bei Iggy Pop (alle ungefilzten PVC - Flaschen flogen bei "The Passenger" im Stadion umher) und an den perfekten Auftritt der Pixies, die seinerzeit ohnehin zu meinen Lieblingen zählten. Dass der Behälter sich am Abend nicht mehr dort befand, wo wir ihn zurückgelassen hatten, sei nur am Rande erwähnt.
 
Überhaupt war es, lässt man die individuellen Begebenheiten mal aussen vor, ein fantastisches Openair. Bei teils herrlichem Sommerwetter spielte eine ganze Reihe von Bands, die zu dieser Zeit auch durch MTV - Powerplay unverhoffte Popularität erlangten. Ich erinner mich mehr oder minder an Konzerte von Bands wie Lush, Jesus Jones, Ride, House of Love, Bad Religion und Danzig (die nicht so meins waren) . Throw That Beat hatten wir verpasst, an die Fingers und Alarm kann ich mich gar nicht mehr erinnern.
 
Am folgenden Tag begegneten wir im Stadion auch noch dem gebeutelten Kollegen aus Dortmund, dessen geforderter Handschlag von unserer Gruppe jedoch kollektiv verweigert wurde.
 
Das abschliessende Konzert der New Model Army am Abend blieb mir vor allem aus einem Grund in bleibender Erinnerung: Den bis dahin erfolgreich gewahrten Vorsatz diese mobilen Stätten menschlicher Erleichterung zu ignorieren musste ich endgültig fallen lassen … allein der Gedanke …*schüttel
 
Ich weiss noch dass ich über diese Unannehmlichkeiten doch verärgert war und FeWos oder ähnliches als Alternative für die Zukunft in Betracht gezogen habe. Ist natürlich alles Quatsch, denn trotz aller Hindernisse bleibt die Erinnerung an dieses Festival, die ich dann so wohl kaum hätte, unersetzlich.
 
Nachfolgende Bilder und Schlagzeilen stellte mir die Giessener Allgemeine aus ihrem Archiv zur Verfügung. Herzlichen Dank dafür.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

19.12.1991: Die Toten Hosen Philippshalle Düsseldorf

Letzte Aktualisierung: 10.09.2013 02:17:40